Leaky Gut: rätselhaftes Phänomen oder Gewissheit?

Leaky Gut: rätselhaftes Phänomen oder Gewissheit?

Magen-Darm-Probleme und das Gefühl von Abgeschlagenheit – viele Menschen glauben mit dem Leaky-Gut-Syndrom die Erklärung für diese und andere Beschwerden gefunden zu haben. Doch handelt es sich beim löchrigen Darm mehr um eine Theorie oder um eine bewiesene Tatsache? Lass uns heute gemeinsam auf Spurensuche gehen und herausfinden, ob der undichte Darm womöglich auch für deine Symptome verantwortlich sein könnte.

Wann spricht man von einem Leaky Gut?

Die Darmwand erfüllt gleich mehrere elementare Aufgaben im Körper. Ihre Schleimschicht wehrt Krankheitserreger wie Bakterien ab und schützt und so vor Erkrankungen. Mit der Darmschleimhaut nimmst du außerdem Nahrungsbestandteile und Wasser auf. Damit die Nährstoffe tatsächlich den Darm passieren und in den Rest des Körpers gelangen können, ist die Darmschleimhaut durchlässig – bei keinem von uns ist sie also völlig dicht, denn eine unüberwindbare Barriere würde die Nährstoffversorgung verhindern. Beim Leaky Gut, übersetzt „undichter Darm“, liegt jedoch eine vermehrte Durchlässigkeit der Darmwand vor. Durch die entsprechenden Löcher können dann Krankheitserreger, Pilze, Giftstoffe und nicht vollständig verdaute Partikel in den Organismus gelangen. Der unerwünschte Transfer soll im weiteren Verlauf dann zu zahlreichen Symptomen wie Migräne, Müdigkeit, Allergien, Diabetes oder zu Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose führen – soweit die Theorie.

Es gibt tatsächlich Menschen mit einer erhöhten Durchlässigkeit im Darm

Eine erhöhte Durchlässigkeit im größten inneren Organ des Menschen, also dem Darm, ist nicht bloß graue Theorie. Sie existiert tatsächlich. Forscher haben beispielsweise beobachtet, dass der Darm von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie), dem Reizdarm oder bei Allergien auf Lebensmitteln ungewöhnlich viel durchlässt. Außerdem scheinen ausgewählte Schmerzmedikamente mit Ibuprofen oder der Wirkstoff Acetylsalicylsäure, der beispielsweise in Aspirin steckt, und auch ein permanenter Alkoholmissbrauch den Darm zu schwächen. Konkret geht es dabei um die Verbindungen zwischen den Zellen in der Dünndarmwand, die sogenannten tight junctions. Die spezialisierten Verbindungen haben eine wichtige Barrierefunktion. Das Leaky-Gut-Syndrom ist also nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern beruht auf der Tatsache, dass die Durchlässigkeit der Darmwand tatsächlich durch bestimmte Faktoren zunehmen kann.

Huhn oder Ei – diese Frage stellt sich beim Leaky Gut

Wenn der Darm tatsächlich mehr durchlässt, als er sollte, und gleichzeitig verschiedene Erkrankungen bestehen, scheint die Sache doch klar: Ein Leaky Gut kann krank machen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Unklar ist nämlich, ob der löchrige Darm tatsächlich verantwortlich für die Erkrankung, zum Beispiel Diabetes, ist. Denkbar ist nämlich auch, dass sich die erhöhte Durchlässigkeit erst durch die Krankheit ergibt. Damit wären wir in dem klassischen Huhn-Ei-Dilemma und fragen uns: was war zuerst da? Diese Frage kann die Wissenschaft (noch) nicht beantworten. Zwar gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass ein undichter Darm mit Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Lupus oder Diabetes Typ 1, aber auch mit Fibromyalgie, Asthma, Akne, Fettleibigkeit und psychischen Erkrankungen in Zusammenhang steht, Studien an Menschen verraten aber nicht viel über das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung.

Übersicht: das wissen wir und das wissen wir nicht über den Leaky Gut

Es gibt viele Veröffentlichungen rund um das Leaky-Gut-Syndrom – während einige davon den durchlässigen Darm bereits als erwiesen ansehen, betrachten andere das Thema nüchterner und warten auf neue Nachrichten aus der Wissenschaft. Mit meiner Übersicht erfährst du, was bereits feststeht und was nicht.

  • Die Schleimhaut des Dünndarms besitzt spezielle Transportkanäle – wie durchlässig diese bei jedem Menschen sind, darüber entscheiden auch körpereigene Botenstoffe.
  • Der Darm kann durch verschiedene Faktoren durchlässiger werden – Forscher vermuten hier neben Alkoholmissbrauch und der Einnahme spezieller Medikamente auch eine genetische Veranlagung sowie Stress als Auslöser.
  • Wie aussagekräftig und genau vorhandene Test sind, darüber sind sich Experten nicht einig.
  • Mediziner sind sich außerdem uneins über die Anerkennung und die Behandlung des Leaky Guts.

Also lieber abwarten statt handeln?

Wer den löchrigen Darm aus Sicht der klassischen Medizin betrachtet und sich nur auf Fakten aus der Wissenschaft verlassen möchte, ist schnell ernüchtert. Schließlich gibt es noch vieles, was es rund um den undichten Darm herauszufinden gilt. Das bedeutet aber nicht, dass du dich mit deinen Beschwerden, die du möglicherweise auf ein Leaky-Gut-Syndrom zurückführst, einfach abfinden musst. Ich rate dir, stattdessen dich mit dem zu beschäftigen, was anderen Menschen mit Darmproblemen hilft und was sich grundsätzlich als nützlich erweist. Am besten setzt du aber noch einen Schritt eher an und beobachtest erst einmal deinen Körper: Was tut dir gut und welche Lebensmittel scheinen dein Wohlbefinden eher zu verschlechtern? Deine Beobachtungen kannst du in einem Tagebuch festhalten. Konzentriere dich dabei nicht nur auf deine Ernährung, sondern auch auf andere Faktoren wie Stress, die Medikamenteneinnahme oder den Genuss von Alkohol oder Tabak. Was viele nicht wissen: Tabakrauch kann zu entzündlichen Veränderungen im Darm führen und dort das Mikrobiom negativ beeinflussen. Halte dich unbedingt an die goldene Regel: Was deinem Körper guttut, gefällt auch speziell deinem Darm.

So können die ersten Schritte bei einem Leaky Gut aussehen

Du vermutest einen Leaky Gut bei dir und sehnst dich nach Orientierung? Dann beherzige am besten meinen Schritt-für-Schritt-Plan.

  1. Arzt konsultieren: Bei dem Leaky Gut handelt es sich um ein Konzept, einen spezifischen ICD Code, mit dem Mediziner eine Erkrankung im Gesundheitssystem verschlüsseln, gibt es nicht. Das liegt daran, dass ein durchlässiger Darm momentan kein offiziell anerkannter medizinischer Zustand in der ICD-Klassifikation ist. Davon solltest du dich aber nicht abschrecken lassen, dein erster Schritt führt dich am besten zu einem Mediziner. Hier solltest du abklären lassen, ob deine Beschwerden womöglich auf eine andere Erkrankung hindeuten. Magen-Darm-Probleme wie Durchfall oder Blähungen können Mediziner auch auf eine Unverträglichkeit zurückführen und eine ständige Müdigkeit kann von einem Vitaminmangel herrühren.
  2. Ausprobieren, was helfen kann: Existiert keine andere medizinische Erklärung für deine Symptome, und gibt es womöglich sogar Untersuchungsergebnisse mittels Stuhl oder Urin, die eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms nahelegen, kannst du dich mit verschiedenen Ansätzen beschäftigen. Besonders vielversprechend scheint eine Anpassung der Ernährung zu sein – viele Quellen raten hier zu einem weitestgehenden Verzicht auf stark verarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte. Außerdem kann es sinnvoll sein, zunächst Zucker und Süßungsmittel vom Speiseplan zu streichen. Probiere auch aus, ob die Vermeidung von Gluten und Milchprodukten eine Verbesserung bringt.
  3. Mit Betroffenen austauschen: Oft tut es gut, sich mit Menschen auszutauschen, die das Gleiche beschäftigt. Sie wissen aus Erfahrung, wie belastend Symptome sein können, für die sich keine einheitlich anerkannte Diagnose finden lässt. Indem du mit anderen Betroffenen deine Erfahrungen teilst, erhältst du wertvolle Tipps für den Alltag. Vielleicht berichtet dir eine Person, dass Entspannungsmaßnahmen ihr dabei geholfen haben, dem Leaky Gut Stress als Nährboden zu entziehen – vielleicht startest auch du zukünftig deinen Tag mit kurzen Meditationseinheiten?

Lass dich nicht entmutigen und bleib dran

Dass zu fixen, was vielleicht schon seit Jahren schief läuft, ist nicht so einfach. Gib deinem Körper Zeit, sich an deine neue Lebensweise, inklusive umgekrempelter Ernährung und dem weitestgehenden Verzicht auf Genussmittel, zu gewöhnen. Die gute Nachricht: Der Darm kann sich regenerieren, das gilt auch für die zugehörige Darmflora. Allerdings benötigt das in der Regel mehrere Wochen bis Monate. Deutlich wird das an dem Beispiel Antibiotika und Darmflora. Wissenschaftler konnten hier feststellen, dass es rund sechs Monate dauert, bis das Mikrobiom bis auf kleine Ausnahmen wieder dem Ursprungszustand vor der Antibiotikaeinnahme entspricht. Führst du ein Tagebuch, kannst du deine Erfolge dokumentieren – vielleicht merkst du, dass sich das beschwerdefreie Intervall immer weiter verlängert. Das ist genau die richtige Motivation, um dran zu bleiben.

Mein Tipp: Auch wenn die Beschwerden wie Blähungen oder Durchfall der Vergangenheit angehören, behalte deinen Wohlfühlkurs bei – das tut deinem gesamten Körper gut.

Mit Probiotika an der Darmflora arbeiten

Auch wenn du sie nicht bewusst wahrnimmst, begleiten dich im Alltag viele verschiedene Bakterienstämme, die in deinem Darm leben. Sie helfen bei der Nahrungsspaltung, produzieren Vitamine und sind ein wichtiger Teil der Immunabwehr. Was auffällt: Patienten mit einem Leaky Gut weisen oft ein Ungleichgewicht im Darm auf – hier stimmt die Zusammensetzung mit Blick auf gute und schlechte Bakterien nicht. Arktis BioPharma setzt sich dafür ein, dass die Darmflora mehr Aufmerksamkeit bekommt. Dafür haben wir verschiedene Präparate in unserem Produktsortiment – all unsere Probiotika setzen auf bewährte Bakterienstämme und wahlweise auf Nährstoffe wie Vitamin D, Folsäure oder Vitamin B12. Für eine gute Grundlage kann unser ARKTIS ARKTIBIOTIC START sorgen – hier erhältst du drei vermehrungsfähige Bakterienkulturen. Deutlich breiter aufgestellt ist unser ARKTIS ARKTIBIOTIC COMPENS, das gleich zehn vermehrungsfähige Bakterienkulturen plus Folsäure und Vitamin B12 bereitstellt. Sieh dich am besten unserem Onlineshop um und erfahre mehr über unsere Produktvielfalt, die dem Darm schmeichelt.

 

Quellen:

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