Perfektion – was tun, wenn die Messlatte zu hoch ist?

Perfektion – was tun, wenn die Messlatte zu hoch ist?

Höher, schneller, weiter – wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der es gefühlt immer noch ein Stückchen besser geht. Perfektionistische Menschen haben es hier oft besonders schwer, die hohen Erwartungen aus dem Umfeld zu erfüllen, denn sie streben nach Fehlerfreiheit. Doch hat sich, wie viele annehmen, der Perfektionismus in den letzten Jahrzehnten verstärkt und was können Menschen tun, die unter der eigens gesetzten Messlatte leiden? Lass uns gemeinsam einen Ausflug in das spannende Feld der Psychologie unternehmen, bestimmt nimmst auch du etwas für deinen Alltag mit.

Was ist Perfektionismus?

Auch wenn der Drang zum Perfektionismus in unserer Gesellschaft allgegenwärtig zu sein scheint, gibt es bislang keine einheitliche Definition dazu. Mehrere Forschergruppen haben hier verschiedene Facetten bestimmt. Demnach ist Perfektionismus ein Persönlichkeitsstil, bei dem Betroffene sich um Fehlerlosigkeit bemühen, sich selbst ausgeprägte Leistungsstandards auferlegen und dazu neigen, ihr Verhalten überkritisch zu bewerten. Perfektionistische Personen verlangen sich aber nicht zwangsläufig in jedem Lebensbereich das Maximum ab. Einige Perfektionisten legen ihren Fokus auf extrem hohe Maßstäbe bei der Arbeit – hier möchten sie durch Fehlerfreiheit glänzen. Andere hingegen haben sich das Ziel gesetzt, in ihrer Beziehung oder ihrer Elternschaft die besten Leistungen zu erreichen. Auch im Sport können sich Perfektionisten die Messlatte ungewöhnlich hoch anbringen. Der Psychotherapeut Nils Spitzer unterscheidet drei verschiedene Formen von Perfektionismus:

  1. Selbstgerichteter Perfektionismus: Dabei leben Menschen nach extrem hohen Standards, die sie sich selbst auferlegen.
  2. Sozialer Perfektionismus: Betroffene sind der Ansicht, dass sie das Maximum erreichen müssen, weil andere das von ihnen so erwarten.
  3. Außengerichteter Perfektionismus: Betroffene haben enorm hohe Erwartungen an Menschen in ihrem Umfeld.

Perfektionismus hüllt den Alltag in Licht und Schatten

Wenn du an den Begriff „Perfektionismus“ und an seine Folgen denkst, wie geht es dir dabei? Bestimmt macht sich auch bei dir ein Gefühl von Ambivalenz breit. Die gegensätzlichen Gefühle rühren daher, dass es auf der einen Seite durchaus bewundernswert ist, wenn jemand sich darum bemüht, Dinge ganz besonders gut zu machen und nachjustiert, wenn das nicht gelingt. Lange Zeit wurden Menschen sogar dazu motiviert, als vermeintliche Schwäche Perfektionismus beim Bewerbungsgespräch anzugeben, um damit indirekt zu punkten. Welcher Arbeitgeber wünscht sich schließlich keine Angestellten, die alles dafür tun, um das Bestmögliche zu erreichen. Doch wie so oft gibt es auch Schattenseiten. Wer ständig nach Perfektion strebt, gerät unter Druck, kann eine ausgeprägte Angst vorm Scheitern entwickeln und so im Alltagsleben blockiert sein. Ernstzunehmende Folgen wie ein Burn-Out, Depressionen und Essstörungen können die Folge sein. Das ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall, denn der amerikanische Psychologe Don E. Hamachek unterscheidet den funktionalen von dem dysfunktionalen Perfektionismus. Funktionale Perfektionisten arbeiten zwar sehr genau auf ein selbstgestecktes Ziel hin, geschehen dabei Fehler, verurteilen sie sich aber nicht. Anders sieht das bei den dysfunktionalen Perfektionisten aus: Ihre Messlatte ist praktisch unerfüllbar, selbst bei kleinen Fehlern werten sie sich ab. Auffällig ist hier, dass das Selbstwertgefühl eng mit dem subjektiven Leistungsvermögen verknüpft ist, ganz nach dem Motto: „Schaffe ich nichts, bin ich nichts!“

Ursachen von Perfektionismus – wie kommt es zu dem Persönlichkeitsstil?

Die Forschung beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Perfektionismus – hier gibt es einschlägige Hinweise darauf, dass der Grundstein für einen dysfunktionalen Perfektionismus bereits in der Kindheit gelegt wird. Der Psychotherapeut Nils Spitzer geht von verschiedenen elterlichen Verhaltensweisen aus, die einen hohen Perfektionismus begünstigen.

Folgendes ist grundsätzlich möglich:

  • Eltern verhalten sich selbst perfektionistisch, Kinder können dieses Verhalten nachahmen und für sich übernehmen.
  • Eltern haben keine Erwartungen an ihre Kinder. Wird der Nachwuchs beispielsweise vernachlässigt, kann er sich im Laufe der Zeit selbst (viel zu hohe) Maßstäbe setzen.
  • Eltern mahnen aus Sorge um das Kind, ständig zur Vorsicht, sie geben oft Hinweise und Warnungen heraus, wodurch das Kind sich stärker auf negative Konsequenzen des eigenen Handels konzentriert – dadurch entwickeln sie womöglich den inneren Leitsatz: „Ich darf bloß keine Fehler machen!“
  • Eltern üben harte Kritik an ihrem Nachwuchs, vielleicht gibt es sogar Demütigungen im Familienumfeld – durch ein möglichst fehlerfreies Verhalten versuchen einige Kinder die negativen Begegnungen abmildern.

Natürlich ist es aber nicht immer „schuld“ der Eltern, wenn Kinder perfektionistisch werden. Auch genetische Faktoren spielen vermutlich eine Rolle. Das würde erklären, warum einige Menschen eher zum Perfektionismus neigen. Zudem ist der gesellschaftliche Druck in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, der perfektionistische Verhaltensweisen begünstigt.

Sind Menschen heute wirklich perfektionistischer als noch vor einigen Jahrzehnten?

Noch nie gab es so viele günstige Umgebungsbedingungen für die Entwicklung eines Perfektionismus wie heute – zumindest drängt sich dieses Gefühl auf. Wir müssen uns gegen starke Konkurrenten bei der Stellensuche durchsetzen und auch weiterhin durch ein Maximum an Arbeitskraft überzeugen. Im privaten Bereich lehren uns Social-Media-Kanäle, wie angeblich eine gelungene Paarbeziehung oder der Alltag von Kindern aussehen sollte. Ganz schön viel Druck, ganz schön viele potentielle Orientierungspunkte! Eine Studie zeigt tatsächlich, dass heutige junge Erwachsene perfektionistischer sind als Gleichaltrige in den 80-Jahren waren. Die Forscher analysierten insgesamt 246 Studien aus der Zeit zwischen 1989 und 2016 – die 42.000 Teilnehmer waren zwischen 18 und 25 Jahre alt, studierten und kamen aus den USA, Kanada oder Großbritannien. Dabei entdeckten die Wissenschaftler, dass alle drei Formen des Perfektionismus (selbstgerichteter Perfektionismus, sozialer Perfektionismus und außengerichteter Perfektionismus) zugenommen haben, der soziale Perfektionismus mit 33 Prozent am meisten. Als Ursache vermuten die Forscher unter anderem, dass Eltern ihren Kindern zusehends mit einem ängstlichen und kontrollierenden Verhalten begegnen, weil sie fürchten, ihr Nachwuchs könnte im Leben scheitern.

3 Tipps, um den Perfektionismus in die Schranken zu weisen

Wer sich selbst stets das Maximum abverlangt, kann sich im Alltag gestresst und frustriert fühlen. Es gibt jedoch einige Ratschläge, mit denen du an deinem Drang zum Perfektionismus arbeiten kannst.

  1. Lote deine Grenzen aus: Perfektionisten kommen durch ihr akribisches Verhalten oft an ihre Grenzen und darüber hinaus. In einem ersten Schritt kannst du dir vergegenwärtigen, welche Vorteile und Nachteile dir dein Perfektionismus bringt. Womöglich verhilft er dir in einigen Lebensbereichen zu Vorteilen, zum Beispiel, zu einer sehr niedrigen Fehlerquote auf der Arbeit, wahrscheinlich raubt er dir aber auch viel Energie. Spüre in dich hinein: An welchen Stellen überschreitest du deine Grenzen und fühlst dich körperlich und emotional erschöpft? Arbeite daran, diese Grenzen künftig anzuerkennen, und sehe das nicht als Schwäche an, sondern als Maßnahme für mehr Selbstfürsorge.
  2. Hinterfrage deine Gefühle und Entscheidungen: Die hohen Maßstäbe, die Perfektionisten haben, gehen in der Regel Hand in Hand mit der Befürchtung, zu versagen. Mache dir die Gefühle bewusst und stelle dir selbst die Frage, ob diese angemessen sind – würdest du beispielsweise auch einen Freund so kritisch beäugen, wenn ihm ein Fehler unterlaufen würde? Bei jeder Entscheidung solltest du zukünftig individuell über das richtige Maß an Perfektion urteilen. Betrachte es als eine Art Kosten-Nutzen-Abwägung: Wie viel Aufwand lohnt sich jeweils und welches Ergebnis ist wahrscheinlich? Du wirst sehen, nicht immer ist Perfektion angebracht, in vielen Fällen reicht eine gewisse Sorgfalt völlig aus.
  3. Erprobe neue Wege: Nur weil du dir in den Kopf gesetzt hat, dass die perfekte Joggingrunde zehn Kilometer lang ist, heißt das nicht, dass nur diese Strecke dein Wohlbefinden steigert. Probiere aus, wie es dir mit der Hälfte der Perfektionsportion geht: Wie fühlt es sich an, nur halb so viel zu joggen, die Zahlen auf der Arbeit nur einmal nachzurechnen und einen einfachen Sandkuchen zu backen, anstatt einer aufwendigen Torte zum Kindergeburtstag?

Gut zu wissen!

Anfangs fühlst du dich durch die Anpassungen vielleicht unwohl und möchtest zu alten Mustern zurückkehren, doch halte durch und gibt dir Zeit für die Umstellung. Bei kleinen Teilzielen kannst du dich selbst belohnen, zum Beispiel mit einer besonderen Unternehmung. Lebe mehr nach dem Motto: „Nicht immer nur Muss, sondern auch Genuss“. Auch Achtsamkeitsübungen können dir dabei helfen, loszulassen – probiere doch einmal geführte Meditationen aus.

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Weniger kritisch mit sich selbst umgehen und den Druck im Alltag herausnehmen – beides unterstützt merklich das Wohlbefinden. Auch eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung tun Körper und Geist gut. Wenn du darüber hinaus etwas tun möchtest, kannst du dich mit verschiedenen Nährstoffen auseinandersetzen. Was wäre an dieser Stelle besser geeignet als L-Tryptophan, auch als Wohlfühl-Aminosäure bezeichnet. Dein Organismus nutzt die Aminosäure, um daraus das Glückshormon Serotonin zu bilden. Außerdem handelt es sich bei L-Tryptophan um die Vorstufe von Melatonin, dem Schlafhormon. Da dein Organismus die Aminosäure nicht selbst herstellen kann, braucht er dafür deine Unterstützung: Insbesondere eiweißhaltige Lebensmittel machen L-Tryptophan verfügbar, und natürlich unser Arktis Balance - L-Tryptophan.

Quellen

Gesellschaft und Psyche: Der Drang zur Optimierung

Thomas Curran, Andrew Hill: Perfectionism is increasing over time: A meta-analysis of birth cohort differences from 1989 to 2016. Psychological Bulletin, 2018. DOI: 10.1037/bul0000138

Zu hohe Ansprüche an sich selbst pflegen - Psychologie Heute

Tipps-zum-Umgang-mit-Perfektionismus.pdf

Perfektionismus - Stärke oder Schwäche?

TutPers_11_Perfektionismus.pdf

Perfektionismus: Wann er schädlich ist | BARMER